Freitag, 3. Juli 2009

Chicago: die grüne Stadt in den USA



Bürgermeister Richard M. Daley hat einen Masterplan: Chicago soll die erste grüne Stadt der USA werden.

Bereits als Daley 1989 das erste Mal ins Amt kam, ließ er (ein Sohn von Richard Daley dem Älteren, der 21 Jahre das Bürgermeisteramt Chicagos innehatte), Bäume anpflanzen, einige tausende pro Jahr. 1992 gründete er das Department of the Environment (DOE), in dem hinsichtlich Luftqualität und Abfallwirtschaft über Maßnahmen gebrütet wird, wie die Lebensqualität in der Stadt verbessert werden kann.

Heute ist Chicago so weit, dass alle Abteilungen der städtischen Behörden die Umweltauswirkungen ihrer Tätigkeiten und Investitionen ausgiebigst prüfen. In einem Land, das nicht für Umweltbewusstsein bekannt ist, klingt das alles recht abenteuerlich. Doch so erstaunlich es sein mag, die nächsten Ziele sind bereits gesteckt: Die so genannte ›Green Building Agenda‹ sieht vor, bis zum Jahr 2010 mindestens 50 Prozent aller Hochhäuser zu begrünen. Und Hochhäuser hat sie ja zu bieten, die ›Stadt der breiten Schultern‹, wie der Poet Carl Sandburg seine Heimatstadt nannte. Chicago, die Stadt der Schlachthöfe und Fabriken, ist eine klassisch-amerikanisch auf einem Gittermuster am Reißbrett entworfene ›blue-collar-town‹.

Nach einem verheerenden Brand im Jahre 1889 glich sie einer Geisterstadt, bevor ein anderer, legendärer Masterplan erfolgreich in die Tat umgesetzt wurde. Man ließ die Stadt von den besten zeitgenössischen Architekten wieder aufbauen. So wurde Chicago die Stadt mit der eindrucksvollsten Hochhaus-Architektur der letzten hundert Jahre: Daniel Burnham, Dankmar Adler und Louis Sullivan, Ludwig Mies van der Rohe und Frank Lloyd Wright setzten Maßstäbe, die Frank Gehry und Helmut Jahn in den 1980 er Jahren in die Postmoderne führten.

In der Tradition von Ludwig Mies van der Rohe sieht sich Adrian Smith, einer der bekanntesten Architekten der Stadt. Zurzeit wächst sein ›Burj Arab‹ (arabischer Turm) in Dubai jede Woche vier Stockwerke gen Himmel, bis er 2008 mit über 800 Metern eines der höchsten Gebäude der Welt sein wird. Mit dem Sears Tower in Chicago hatte Adrian Smith schon einmal den höchsten Wolkenkratzer der Welt designt, damals noch für Skidmore, Owings & Merrill (SOM). Kaum ein anderes international tätiges Architekturbüro setzte in der Hochhausgestaltung solch starke Akzente wie SOM aus Chicago. Adrian Smith ist ein Vertreter der ›Kontextualität‹: »Ein Haus«, sagt er, »steht nie für sich allein da. Es reflektiert den Zusammenhang mit der Kultur, mit dem Zeitgeist, mit dem Anspruch derer, die darin leben und arbeiten.« Smith benutzt Wörter wie ›urbanes Design‹, ›Identität‹ und natürlich ›Lifestyle‹.

Nach einer radikalen Wandlung hat Downtown Chicago all dies zu bieten. Im ›Loop‹, der Gegend rund um die Hochbahn, richteten Universitäten Dependancen ein, es wurden Lofts gebaut und Freizeiteinrichtungen geschaffen. Anders als in den meisten amerikanischen Downtowns kann man in Chicago nach ›5 PM‹ spazieren gehen und Menschen treffen. Die Bewohner von Chicago Downtown benötigen kein Verkehrsmittel, um zum Arbeitsplatz zu gelangen. Und auch Starbucks Coffeshop, Copycenter, Fitnesstudio und Sushi-Lokal sind nie mehr als zwei Häuserblocks von Arbeitsplatz oder Wohnung entfernt. Adrian Smith nennt das ›soziale Verantwortung‹, die hier im Einklang mit grüner Politik stehe.

Ein weiterer Schritt im Rahmen der ›Green Building Agenda‹ soll die Nutzung von Windenergie sein. Irgendwie ja auch logisch, denn durch die ›Windy City‹ fegen häufig orkanartige Stürme. Die zum Auffangen dieser Stürme notwendigen Turbinen sind bereits erfunden, funktionieren allerdings nur bei Windgeschwindigkeiten zwischen 10 und 65 Kilometern pro Stunde. Ingenieure basteln zurzeit an einer Alternative. Außerdem sind Richtlinien für neue Hausbauweisen, für ›grüne‹ Gemeindeeinrichtungen und kommunale Baucodes in Arbeit. Eines muss man Bürgermeister Richard M. Daley, der immer wieder mit Vorwürfen der Vetternwirtschaft (um es galant auszudrücken) konfrontiert wird, lassen: Er ist ein Mann mit Macht und Rückhalt. Beides ist nötig, um den grünen Masterplan zu verwirklichen. Die Chancen stehen gut.

Informationen
Fremdenverkehrsamt Chicago und Illinois
Scheidswaldstr. 73, 60385 Frankfurt am Main
Tel.: 069/25538-280, www.gochicago.de

Hotels in Chicago:
Sofitel Chicago Water Tower
20 E. Chestnut Street (Nähe Michigan Avenue)
Tel.: 312.324-4000
Spektakuläres Gebäude des Architekten Jean Paul Viguier. Einige Zimmer ermöglichen einen 360-Grad-Blick über die Stadt. Inneneinrichtung in Anlehnung an den Minimalismus, dazu satte Farben und freie Flächen. In den, manchmal dreieckigen, Zimmern stehen Möbel der Firma Rochon. Superweiche Betten.
www.sofitel.com

Four Seasons Hotel
120 E. Delaware Place
Tel.: 312.280-8800
Das feine Luxushotel wird renoviert: die neuen Zimmer und Suiten spiegeln die feine Eleganz des französischen Art Deco, gepaart mit einem Hauch Chicagoer Bauhaus-Stil, außerdem Lederkissen in den Fensterbänken und modernste Technik. Der Service gehört vom Besten, was die Hotellerie der Stadt zu bieten hat. www.fourseasons.com

The Ritz-Carlton Hotel (ein Four Seasons Hotel)
160 E. Pearson St.
Tel.: 312.266-1000

Opulente Lobby, exklusive (und geräumige!) Zimmer und Suiten mit Marmorbädern und dramatischen Ausblicken auf die Hochhausarchitektur und den Lake Michigan. Man möchte eigentlich nie wieder ausziehen! www.fourseasons.com

Restaurants in Chicago:
Aigre Doux Restaurant
230 W. Kinzie St., Chicago (Nähe Merchandise Mart)
Tel.: 312.329-9400
Kristalllüster in einem ehemaligen Lagerschuppen, exzellente mediterrane Küche.

Sola
3868 N. Lincoln Ave.
Tel. 773.327-3868
Die kalifornische Chefköchin Carol Wallack fabriziert so leckere Gerichte wie Lammkoteletts mit einer Kruste aus Dijonsenf. Warme Farben, angenehme Atmosphäre, hervorragende Weinauswahl!
www.sola-restaurant.com

Mrs. Murphy and Sons
3905 N. Lincoln Ave.
Tel.: 773.248-3905
Gemütliches irisches Pub mit rustikalem Essen. Nach Möglichkeit werden Bio-Produkte verwendet. Wer gerne Bier trinkt ist hier richtig.

© Fotos: Shura Born-Kraëff